Werkwochen des Juniorats in Albanien

Bruder Marc Zemp berichtet

Die 10 Junioren der deutschsprachigen Kapuzinerprovinzen und Bernd Beermann waren während 2 Wochen in Albanien bei Bruder Andreas Waltermann zu Gast. Andreas betreut in den Bergen rund um Fushë-Arrëz 12 Gemeinden. Wir wurden am Flughafen in Tirana abgeholt . Mit zwei Landrovern fuhren wir in die Berge. Die Strassen wurden bald schlechter und man wurde auf den Hintersitzen kräftig durchgeschüttelt. Zum Nachtessen waren wir auf der Missionsstation bei den Schwestern Gracia, Bernadette und Martina eingeladen (www.missionsstation-fushearrez.de).

Nach dem herzlichen Empfang fuhren wir zum Pfarrhaus in Kryezi. Dort waren wir für ein paar Tage untergebracht. Es waren einfache Doppelzimmer. Beim Duschen kam das Wasser nur spärlich aus der Brause und man konnte auch gut einem Skorpion begegnen.

Während den Werkwochen befassen wir uns u.a. mit dem Gelübde der Besitzlosigkeit (Armut). So war das Bergland um Fushë-Arrëz der richtige Ort. Hier herrscht 85% Arbeitslosigkeit und auch das Thema der Migration war allgegenwärtig.

In diesem Bergbaugebiet wird Kupfer abgebaut und in einer Kupferscheide verarbeitet. Während unseres Aufenthaltes wurde der Betrieb am 1. September 2015 eingestellt. Alle Arbeiter wurden ohne Aussicht auf eine andere Beschäftigung entlassen. Die Kupferscheide war der einzige grössere Arbeitgeber in und um Fushë-Arrëz. Das Durchschnittsalter der Albaner liegt bei 30 Jahren und so haben die Jungen wenig Perspektiven. Man sieht die jungen Männer in den Cafés sitzen, was uns zu denken gab. Die Frauen sind in dieser patriarchalischen Gesellschaft untergeordnet und müssen einfach alle schwierigen Situationen ertragen, wie Schwester Bernadette uns sagte. Wir hatten mit jungen Erwachsenen über ihre schwierige Lebenssituation diskutiert. Die Kirche bietet den Jugendlichen die Möglichkeit sich zu engagieren. Daher gibt es viele junge Katechetinnen.

Wir besuchten mit Bruder Andreas und den Schwestern verschiedene Familien und wurden dort mit grosser Gastfreundschaft aufgenommen. Eine eindrückliche Begegnung war der Besuch bei einer Familie auf einem Hügelzug, der nur mit dem Landrover zugänglich war. Die Kinder haben einen dreistündigen Fussmarsch zur Schule. Schwester Bernadette erklärte uns, dass man für drei Familien neue Häuser bauen will. Bei unserer Ankunft kam uns eine Frau entgegen und zeigte uns voll Stolz ihr Zuhause. Vor ihrem Haus hatte sie einen wunderbaren Garten angelegt. Unter einer Laube, überdeckt mit Weinstöcken, wurde uns eine ganze Flasche Raki serviert und sie wollte für uns eine Geiss schlachten. Diese Familie hat sich ein kleines Paradies geschaffen und wir durften daran teilhaben. Bei der Nachbarsfamilie sah es viel kärglicher aus. Die Schwester meinte, der Unterschied liege in der Bildung.

Bei einem weiteren Besuch bei zwei anderen Familien sahen wir, dass bei der einen die Familienstruktur intakt war, bei der andern nicht. Da waren der 98-jährige Grossvater, der Sohn und der Enkel, der frisch geheiratet hat, anwesend. Sie wohnten auf engen Raumverhältnissen, aber in bescheidenem Wohlstand und die Jungen konnten in eigenen Räumen übernachten.

Beim zweiten älteren Ehepaar waren die Kinder in Tirana oder in Griechenland am Arbeiten. Grundsätzlich sollte der jüngste Sohn auf die Eltern schauen. Sie lebten wirklich in einer dunklen, verrauchten Wohnung. So sahen wir, welche Auswirkungen die Migration hat.

Wir hatten auch die Situation der Kirche in Albanien kennengelernt. Die Kirche wurde unter den Kommunisten und dem Diktator Enver Hoxha vollständig zerschlagen. Der Bischof von Sapa erzählte uns von den über 40 Priestern und Ordensleuten, die ermordet wurden. Der Bischof führte mit seinen wenigen Geldmitteln und Priestern die Diözese in familiärer Weise. Am Strand wurden wir von ihm zum Essen eingeladen und er hatte uns selbst bedient. Einen Vergleich zu ziehen zwischen dieser noch jungen Kirche und unserer reichen, mit starren Strukturen, durchwachsene Kirche war spannend.

Die letzten Tage verbrachten wir am Strand von Shëngjin. Wir übernachteten in ehemaligen K-FORT-Baracken, die die Diözese geschenkt bekommen hat. Wir genossen die Zeit am Strand, lagen an der Sonne oder ich spielte mit einem jungen Kosovoalbaner Fussball. Mit ihm hatte ich interessante Diskussionen über den Kosovokrieg und warum er nicht nach Europa emigrieren will. Seine Familie besitzt nämlich eine Schreinerei.

An einem Nachmittag machten wir noch eine Säuberungsaktion am Strand. Die Albaner lassen ihren Müll überall herumliegen.

Danach ging es noch zwei Tag zurück nach Fushë-Arrëz. Dort wurden wir bei einem Nachtessen herzlich verabschiedet.

Marc Zemp