Auflösung der Pfarrei-Initiative – Resignation oder was?

Nein, wir haben nicht resigniert. Wir sind lediglich aus einer Sackgasse umgekehrt, weil wir gemerkt haben, dass wir auf diesem Weg nicht weiterkommen. Wir müssen andere Wege suchen und gehen.

Im Jahre 2013 haben über 540 Seelsorgende und über 1000 Sympathisantinnen und Sympathisanten in der Schweiz mit ihren Unterschriften bezeugt, was für sie in der Seelsorge der katholischen Kirche selbstverständlich sei. Sie haben geglaubt, auf diesem Weg in einen konstruktiven Dialog eintreten zu können mit den verantwortlichen Männern in der Kirchenleitung. Das Ziel war, dass auch offiziell als selbstverständlich anerkannt werde, was für viele Seelsorgende an der Basis schon lange selbstverständlich ist.

Wir haben damals an einen Dialog auf Augenhöhe geglaubt. Aber das Gegenteil ist passiert. Die Pfarrei-Initiative blieb für die Bischöfe ein rotes Tuch und unangenehm. Die Verantwortlichen in der Kirchenleitung, mit denen man den Weg zusammen gehen wollte, blieben zwar freundlich aber unverbindlich. Manchmal wurden Vertreterinnen und Vertreter von Erneuerungsbewegungen zu Gesprächen eingeladen, manchmal wird Verständnis und Sympathie signalisiert, aber geändert wird nichts. Die Auswahl der Ausreden ist klein, aber bewährt: Für Veränderungen brauche es mehr Zeit; man sehe das Problem, aber das müsse gründlich überdacht werden; wir können allein nichts machen, solange die Weltkirche nicht mitzieht.

Es dämmerte uns, dass es so nicht mehr weiter gehen konnte und neue Wege zu beschreiten sind. Die Generalversammlung beschloss am 15.Januar in Zürich, den Verein Pfarrei-Initiative aufzulösen.

Die Auflösung der Pfarrei-Initiative reiht sich damit ein in das Schicksal anderer Reform-Initiativen der jüngsten Zeit, die gegen das erstarrte klerikale System ebenso wenig ausrichten konnten. Erinnerst sei an «Kirche*mit», an die Protestbewegung «Segen statt Brot», an den Frauenkirchenstreik, die Junia-Initiative usw.  Offiziell ändert sich kaum etwas. Es wird vertröstet und verzögert. Und im Dezember 2019 hat die Schweizer Bischofskonferenz sogar ihren eigenen, gemeinsamen Erneuerungsweg selber gebodigt. Die Erneuerung müsse in den einzelnen Diözesen von unten, bei der Basis beginnen, liess sich ein Bischof vernehmen. Der Churer Administrator riet zum Beten. Allerdings, beides passiert schon lange: Es wird gebetet und die Erneuerung an der Basis, hat schon lange begonnen, viele tun bereits, was selbstverständlich ist. Am offiziellen System ändert sich zwar nichts, aber innerhalb des erstarrten Systems wächst eine neue, selbstbewusste Gruppe von Frauen und Männern heran, die sich immer mehr ihrer eigenen Verantwortung als Kirche bewusst werden.


Willi Anderau

Willi Anderau, geb. 1943. Mitglied des Kapuzinerordens seit 1965. Ausbildung in Theologie und Journalistik an der Universität Fribourg. Lebt im Kapuzinerkloster Wesemlin, Luzern. Er war während 17 Jahren bischöflich Beauftragter für Radio und Fernsehen in der Deutschschweiz. Engagiert sich in der Seelsorge und in kirchenpolitischen Themen.