Das Umfeld der missionarischen Arbeit

Mission geschieht in einem bestimmten Kontext. Dazu ein Dokument aus dem Jahr 1988, das aber immer noch aktuell ist.

(Dieser Text wurde zwar schon 1988 verfasst, im Rahmen des Generalkapitels der „Missionsgesellschaft Bethlehem Immensee. Er ist aber immer noch aktuell.)

Das Bekenntnis bringt den Plan Gottes mit der Menschheit und Schöpfung zum Ausdruck. Es steht den politischen, sozialen, wirt­schaftlichen und religiösen Kontexten gegenüber, deren wir uns in der Ausführung des missionarischen Auftrages schmerzlich bewusst sind. Wir sehen aber auch die Zeichen der Hoffnung.

Unsere Welt ist geprägt von Spannung und Zerrissenheit, von Systemen der Ungerechtigkeit, die als Konsequenz Gewalt, Ausbeutung und Verarmung hervorrufen. In unserer Welt sind Todeskräfte am Werk, die unsere Zukunft ausbeutend in Frage stellen und dadurch das Leben zukünftiger Generationen einschränken. Das Vertrauen in die Machbarkeit und Beherrschung unserer Welt hat uns in eine weltweite Krise gestürzt, welche die natürliche Umwelt zunehmend zerstört. Ungerechte wirtschaftliche Strukturen lassen den Graben zwischen den reichen Indu­strienationen und den in die Verschuldung geratenen Ländern der Dritten Welt immer mehr wachsen. Wenige besitzen viel; viele haben fast nichts und sind ohne Hoffnung. Profitgier, Wett- und Aufrüsten bestimmen die Entscheidungen im wirtschaftlichen Den­ken und führen zu Spaltungen und Kriegen. Diese führen auf eine tödliche Vernichtung hin.

In unserer Welt gibt es aber auch deutliche Zeichen der Hoffnung. Das Bewusstsein einer tiefen wechselseitigen Abhängigkeit und des Aufeinander-Angewiesenseins ist am Wachsen. Organisationen und Bewegungen, die sich für die Wiederherstellung und Einhaltung der Menschen- und Völkerrechte einsetzen, verschaffen sich zunehmend Gehör und werden zu verändernden Kräften in der Gesellschaft. Von Menschen verursachte Umweltkatastrophen, aber auch viele Initiativen haben im Umgang mit der Natur ein Umdenken eingeleitet.

In dieser Welt erfahren wir vielerorts eine Kirche, die sich auf die Seite der Mächtigen und Unterdrücker stellt und nicht die Belange der Kleinen und Schwachen zum Massstab ihres Handelns macht. Es gibt Verant­wortliche in unserer Kirche, die Mühe haben, mit der Basis in Dialog zu treten und den inhaltlichen Forderungen der Menschenrechte gerecht zu werden. Sie tun sich schwer, den Frauen eine gleichberechtigte Stellung zu geben. In vielen Ländern der Dritten Welt lastet auf der Kirche das koloniale Erbe, das wirklich eigenständigen Ortskirchen im Wege steht. Der Eindruck, dass die Kirche reiche Kulturen zerstört hat und weiterhin zerstört und dass sie die Freiheit von Menschen missachtet, hindert junge Menschen daran, den Missionsauftrag der Kirche zu bejahen.

Wir erfahren mancherorts aber auch eine Kirche, die öffentlich für menschenwürdiges Leben aller eintritt. In manchen Teilen der Welt macht sich die Kirche zum Anwalt entwürdigter und verfolgter Minderheiten. Orden und andere Gemeinschaften in der Kirche geben Zeugnis vom Suchen nach der letzten Erfüllung menschlichen Lebens. Wir beobachten Neuaufbrüche, insbesondere das Wachsen von Basisgemeinden und Solidaritätsgruppen. In Treue zum Evangelium suchen sie ihre Sendung ganzheitlich zu verwirklichen; so sind sie in der Verfolgung und in ihrer Le­benshingabe Zeichen ungebrochener Hoffnung.

Unsere missionarische Gemeinschaft ist Teil dieser Kirche und steht durch jedes Mitglied, jeden Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin in dieser Spannung, die wir in Welt und Kirche erfahren.