Der Papst und sein Namensvetter aus Assisi

Papst Franziskus und Franziskus von Assisi

Niemand wird erwarten, dass ein Jesuit dem Beispiel des Poverello radikal folgt, dass ein Papst im apostolischen Palast ein unbehauster Wanderprediger wird oder dass er sich wie Franziskus ungeschützt in den Dienst jedes Menschen stellt. In Jorge Mario Bergoglios Biografie gibt es jedoch Punkte, die ihn schon früh mit Franz von Assisi verbinden. Seine programmatische Namenswahl dürfte in einer langjährigen Sympathie wurzeln.

Mit 21 erkrankte der Student lebensbedrohlich: auch Franz von Assisi wird als junger Kaufmann durch Krieg und Krankheit derart erschüttert, dass er sein Leben radikal neu ausrichtet. Wie sein Vorbild liebte der junge Bergoglio Fest und Tanz, bevor er als Jesuit ein asketisches Leben wählte. Wie Franz von Assisi mag er Poesie. Wie der Poverello legte er Berührungsängste vor den Ärmsten und Randständigen ab, geht (auch als Bischof und Kardinal) brüderlich mit Menschen jeder Klasse um und liebt die «piazza», das Eintauchen in die Volksmenge, sei es in Slums, Bussen und Metro oder im Fussballstadion. Lateinamerika gilt zudem kirchlich als «der franziskanische Kontinent».

Franziskaner haben die «Option für die Armen» wesentlich mit geprägt. Papst Franz sucht sich an den Armen zu orientieren, nicht an der Optik, den Privilegien und Machtinteressen vieler Hierarchen. Bewahrt er seinen geschwisterlichen Umgang mit Menschen, seinen wachen Blick auf die Ärmsten, sein seelsorgliches Gespür, seine Sorge um die Schöpfung und seine schlichte Lebensweise, wird er auch als Papst franziskanische Werte verwirklichen, ohne Franziskaner zu sein.

Anton Rotzetter