Desmond Tutu (1931-2021)

Kurz nach seinem 90-sten Geburtstag ist der anglikanische Bischof Desmond Tutu in Südafrika gestorben. In unermüdlichem  und versöhnungsstiftenden Einsatz hatte er sich gegen die Apartheidpolitik eingesetzt. Von ihm sagt Jean Ziegler, Desmond Tutu habe durch sein Wirken in Südafrika einen Bürgerkrieg verhindert. Für sein Wirken fand er weltweite Anerkennung. Ihm wurde zum Beispiel 1984 der Friedensnobelpreis zuerkannt. 1999 ernannte ihn die Theologische Fakultät der Universität Freiburg i. Ue. auf Initiative von Adrian Holderegger zum Ehrendoktor. Der Kapuziner Adrian Holdegger, damals Dekan der theologischen Fakultät, hielt die Laudatio.

Laudatio für Erzbischof Desmond Tutu, Kapstadt/Südafrika: 15.11.99

Die Theologische Fakultät der Universität Freiburg freut sich, den Titel eines Doktors ehrenhalber auch an Seine Exzellenz Erzbischof Desmond Tutu, zur Zeit in den USA, verleihen zu können. Widrige Umstände erlauben es ihm nicht, die Ehrung selbst in Empfang nehmen zu können. Statt dessen wird Ihre Exzellenz Frau Ruth Mompati, Botschafterin der Südafrikanischen Republik in Bern, die Auszeichnung entgegen nehmen. Bischof Tutu wird im Sommer-semester 2000 im Rahmen einer akademischen Veranstaltung die Universität Freiburg mit einem Besuch beehren.

Desmond Tutu gehört zu jenen herausragenden kirchlichen Persönlichkeiten, die es geschafft haben, theologische Grund-Überzeugungen in konkreten, äusserst schwierigen gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen zur Geltung zu bringen. Insbesondere seiner Person ist es zu verdanken, dass in Südafrika über alle Parteien hinweg der Grundanspruch des Evangeliums nach Gleichheit, Wahrheit und Veröhnung nach einer langen Phase der Apartheid, der Trennung und der Gewalt zum tragenden Element einer neuen Gesellschaft werden konnte. An der Persönlichkeit von Desmond Tutu wird in exemplarischer Weise die gesellschaftliche, soziale und moralische Kraft des christlichen Glaubens deutlich.

Seine Vision von der Gesellschaft ist bestimmt vom Recht auf Freiheit, vom Sinn für die Gemeinschaft, und vom Gedanken der schöpferischen Mitwirkung am Aufbau einer gerechten Gesellschaft. Sein Botschaft lautet: Kein Recht ohne Ethos, und keine Versöhnung ohne Vergebung. Desmond Tutu ist einer der tragenden Garanten für einen friedlichen Übergang der Apartheid in einen demokratischen, sich an Grundrechten orientierenden Rechts-Staat. Als Vorsitzender der Wahrheits- und Versöhnungskommission ist es ihm gelungen, einen Prozess in die Wege zu leiten, der Versöhnung vor Rache, Wahrheit vor Verdrängen, Recht vor Willkür setzt.

Die Verleihung des Ehrendoktorates vollzieht sich in einem Kontext – davor kann man die Augen nicht verschliessen -, der uns, die Eidgenossenschaft herausfordert, sich der Geschichte mit Südafrika in „Wahrheit“ zu stellen. Die „überparteiliche“ Botschaft von Desmond Tutu „Wahrheit und Versöhnung“ kann so zum Imperativ für unsere eigene Geschichte in der Gegenwart werden.

Quod bonum felix faustum fortunatumque sit!

Adrianus Holderegger

Radiosendung

Am Schweizerradio SRF 4 News fand ein Gespräch mit Adrian Holderegger über Desmond Tutu statt. Hier der Link. (Achtung: zweiter Beitrag)

«Die Junta weist die Schuld komplett von sich» – 4×4 Podcast – SRF