Die europäischen Kapuziner blicken in die Zukunft

Die Zahl der Brüder in Europa geht dramatisch zurück. Dennoch will der neue Generalminister keine resignative Stimmung verbreiten.

 Wo steht der Kapuzinerorden in Europa?

In einem längern Rundbrief an die Brüder des Ordens wendet sich der neue Generalminister, Roberto Genuin, an den Gesamtorden. Wir dokumentieren hier den Anfang des Abschnittes über Europa.

Ich darf annehmen, dass wir uns alle der Situation bewusst sind, in der der Orden sich im europäischen Kontext befindet: Zurzeit ist ein rascher zahlenmässiger Rückgang festzustellen. Von diesem verschont ist zum Teil Osteuropa.

Rein menschlich betrachtet geht es da um eine Situation, die zu bedauern ist. Aber in der Optik des Glaubens ist es eine Tatsache, die – wenn auch ganz unüblich – von uns eine Antwort erfordert, die unsere Verantwortung mit einbezieht. Wir stützen uns dabei auf die Gewissheit, dass unser Charisma und seine Zukunft im Reich Gottes begründet sind.

Der Orden hat bereits in den vergangenen Jahren verschiedene Initiativen vorangebracht; es waren Versuche auf neue Situationen zu reagieren; es gibt bereits kleine Anzeichen, dass Leben und Authentizität stärker werden. Diese Zeichen brauchen unsere Aufmerksamkeit und unsere Begleitung. Versichern sie uns doch darin, dass der Herr noch immer am Wirken ist.

Die Welt wartet auf uns

Unser Charisma verfügt über viele Möglichkeiten für ein geglücktes Sich-Hineingeben in verschiedenste Situationen und für ein fruchtbares Zeugnisgeben für das Evangelium, auch in unserer säkularisierten Welt. Ich würde auch behaupten, dass genau diese unsere Welt auf uns „wartet“, wenn wir echt und in Einfachheit unsere Berufung als Mindere Brüder leben und deshalb imstande sind, „uns zur Verfügung zu stellen“. Mir scheint es mehr als einleuchtend zu sein: Der Herr stimuliert uns ganz kräftig und das ist der Grund, weswegen wir uns verfügbar machen müssen und können, denn es gibt noch viel zu tun. (..)

In Herzlichkeit uns den andern öffnen

Wenn es uns gelingt, uns nicht allzu sehr von den Strukturen bestimmen zu lassen, mit denen wir ja Gefahr laufen, den Lebensatem zu verlieren; wenn wir es aber verstehen, uns den andern in Herzlichkeit zu öffnen, ob sie nun Menschen einer anderen Sprache, einer anderen Nation, Kultur oder Bildung seien, unser persönliches Leben und das Leben des Ordens wird immer Nutzen daraus ziehen.

Es kann zu einer heilsamen Entwicklung beitragen, es kann zu einer gegenseitigen Bereicherung führen, ganz besonders im Kontext einer starken Verminderung der Zahl der Brüder. Darum soll niemand von euch allein im Blick auf Zahlen und Strukturen seine eigene Berufung leben: Wir alle sind dazu berufen, an evangelischen Fraternitäten mitzubauen, wobei wir uns auf Strukturen abstützen, die wir immer wieder erneuern müssen: mit ihnen verfügen wir über die Möglichkeit, Gott, der uns ruft, in wirksamer Weise zu dienen.

Fortsetzung folgt