Frauen, ihre Rechte und Zulassung zum Priesteramt – immer ein Thema:

Während meines Theologie-Studiums in Indien gab es einmal an einer Tagung eine Diskussion über die Priesterweihe von Frauen. Wir jungen Theologie-Studenten waren in unserer Meinung und Argumentation gespalten. Am Ende schloss der Moderator die Runde ab mit: „Jene Frauen, die Priesterinnen werden möchten, können in die reformierte Kirche übertreten. Punkt.“ Damit war die Diskussion beendet.

Die Zeit meines Theologie-Studiums liegt weit zurück – jetzt höre ich diese ‘unnötigen’ und ‘banalen’ Argumente in der Schweiz wieder. Auch meine Mit-Theologinnen hören solche demütigenden Sprüche.

Ein 86-jähriger Mann, der regelmässig in die Kirche geht und vor allem gerne an der Eucharistie teilnimmt, sagte mir: «Wenn Frauen in den Kirchen in der Schweiz nicht arbeiten dürften, würde es eine Krise gegeben. In meiner Pfarrei sind es die Frauen, welche die Kirche tragen».

Oft höre ich auch aus den Reihen der Frauen negative Argumente zu diesem Thema. Es gibt Menschen, Männer und Frauen, die sich eifrig gegen die Arbeit von Frauen in der Kirche, gegen ihren Präsenz in Altarräumen, gegen die Priesterweihe von Frauen wehren. Sie sehen ihre Aufgabe darin, die Kirche vor der «Einmischung» der Frauen schützen zu müssen. Das ist unglaublich!  Es gab auch schon Mitmenschen, die mich davor warnten, dass mir inskünftig die Frauen meine priesterliche und pastorale Arbeit wegnehmen würden. Aber gleichzeitig beten sie im Gottesdienst auch mit: «Lass uns die Zeichen der Zeit verstehen und uns mit ganzer Kraft für das Evangelium einsetzen…». Die Zeichen der Zeit im Licht des Evangeliums zu erkennen und zu deuten gelingt nicht ohne weiteres. Ein Kollege sagte mir dazu: «Die Kirche versteht die Zeichen der Zeit immer ein bisschen später».

Marienstatue mit Pink-Tuch im Franziskanergärtli in Luzern | © Simone Marchone 2019

Eine Theologin sagte mir: «Ich bin innerlich schon Priesterin. Ich brauche die Hilfe anderer Frauen nicht, die sich öffentlich für mehr Rechte in der Kirche einzusetzen». Ich denke mir, wie es wohl wäre, wenn Jesus auch so gedacht hätte, nämlich dass es nicht notwendig sei, brennende Themen vor die Gesellschaft zu bringen und sich so für Gerechtigkeit, die Armen und Benachteiligten, und auch für die Frauen, einzusetzen.

NB: Mit Stolz und Freude war ich Teilnehmer bei der feierlichen Einsetzung einer Frau als Gemeindeleiterin durch eine Regional-Verantwortliche in der Bistumsregion bzw. im Bischofsvikariat St. Viktor im Bistum Basel. Wir sind also gemeinsam als Kirche doch auf gutem Weg!

Wenn am 14. Juni, die Frauen von der Kirche in der Schweiz streiken, hoffe ich auf eine positive Auswirkung für eine ernsthafte Erneuerung in der Kirche, um der Hälfte der Menschheit noch mehr Respekt und Wert schenken zu können. Ihr Frauen, ihr seid nicht allein …


George Francis Xavier

George Francis Xavier, aufgewachsen in Indien, ist Kapuziner. Seit 2010 wohnt er im Kapuzinerkloster Luzern und absolvierte an der UNI Luzern als Zweitstudium Kulturwissenschaft, mit Schwerpunkt Ethnologie.