Ihr alle, hört auf die Ersten!

Die Auferstehung Jesu verkünden        Evangelium nach Mt 28,1-10

Jeder der vier Evangelisten erzählt das Osterereignis in seiner eigenen Art. Sie versuchen das Undenkbare und Unsagbare ihren christlichen Urgemeinden zu vermitteln. Matthäus schreibt aus jüdisch-christlicher Sicht. In seinem Evangelium kommt jüdische Denkweise zum Ausdruck. Das zeigt sich z. B. in der Zweizahl der Zeugen, die etwas bestätigen sollen. Hier sind es zwei Frauen. Es zeigt sich auch in den apokalyptischen Vorgängen, wie dem Erdbeben und dem Sturz der Wächter. Apokalyptik spielt seit Daniel eine auffällige Rolle. Matthäus reagiert auch auf die jüdische Gerüchteküche über das Verschwinden des Leichnams Jesu.

Matthäus schreibt eine Sprache mit kraftvollen Bildern.

In der Morgendämmerung kommen Maria von Magdala und die andere Maria zum Grabe. Ein erster Lichtschimmer kündet den Tag an. Doch die Frauen stecken noch tief im Dunkel. Der Tod Jesu hat sie darein versetzt. Vor zwei Tagen sassen sie bei der Bestattung „dem Gab gegenüber“. Sie kennen den Ort und finden ihn trotz Dunkel. Nun steigt die Sonne auf. Dieses Bild enthält auch schon die Botschaft, die der Evangelist entfalten will. Es kommt Licht in die Geschichte Jesu.

Alles was nun erzählt wird, lässt den Schrecken, der die Frauen anfällt, miterleben. Das Grab ist leer. Sie stehen vor dem Nichts. Sie sind verloren. Wer kann sie aus ihrem Schicksalsschlag retten? Da ertönt das Wort des Engels: „Fürchtet euch nicht! Ihr sucht Jesus; er ist auferstanden.“ Schlag auf Schlag geht es weiter. „Plötzlich kam ihnen Jesus entgegen.“ Diese Begegnung von Angesicht zu Angesicht hebt der Evangelist mit besonderer Deutlichkeit hervor. Auf Anhieb erkennen die Frauen Jesus. Sie trauen sich ihm zu nähern. Kein Zögern, kein Zweifeln. Nur glaubendes Bekenntnis. „Sie warfen sich vor ihm nieder.“ Was sie erfahren, verspricht der Auferstandene allen seinen Brüdern. „Sie sollen nach Galiläa gehen, dort werden sie mich sehen.“ Das Wort „Brüder“ fällt auf. Mitgemeint sind die Schwestern. Das Wort zeigt die einzigartige Nähe, die ihnen durch die Auferstehung geschenkt ist, die Nähe zu Christus, zu Gott.

Ihr alle, hört auf die Ersten! Sie können euch die Botschaft vom Auferstandenen vermitteln. Sie sind vom Sehen zum Glauben gekommen. Lasst das Osterevangelium der vielen Zeugen bei euch ankommen. Legt das Zögern und Zweifeln ab. Öffnet euch der Freude des österlichen Lebens. Halleluja.


Raphael Grolimund

Raphael Grolimund, Kapuziner, Kloster Wesemlin, Luzern. Tätig als katholischer Priester in der Seelsorge und in der geistlichen Begleitung von Schwesterngemeinschaften und Exerzitiengruppen.