Missionare einst und jetzt

Im 20. Jahrhundert reisten zahlreiche Kapuziner als Missionare in den globalen Süden. Heute kommen von dort „Missionare“ zu uns. Dazu äussert sich Roberto Genuin, der neue Generalminister der Kapuziner in einen Rundschreiben.

Kapuziner-Missionare im 20. und im 21. Jahrhundert

Aus einem Rundschreiben von Roberto Genuin, dem neuen Generalminister der Kapuziner.

Für die europäische Kirche und die Kirche des Westens war das XX. Jahrhundert ohne Zweifel ein Jahrhundert, das von einem eindrücklichen missionarischen Aufbruch gekennzeichnet war. Es waren vor allem die Ordensmänner und Ordensfrauen, die sich in grossen Zahlen zur Verfügung stellten, nach Afrika, Asien und Amerika aufzubrechen, um das Evangelium erstmals zu verkünden an Orten, wo es wenig oder gar keine Kenntnis vom christlichen Glauben gab; sie haben viele neue kirchlichen Gemeinschaften entstehen lassen, Gemeinschaften, die heute zu lebendigen, blühenden, im Wachstum befindlichen Kirchen geworden sind.

Wenn man an den Früchten die Qualität eines Baumes erkennt, dann müssen wir – auch wenn wir alle Grenzen, die wir unserer Schwäche zugestehen müssen – festhalten, dass das Werk der Missionare wirklich erfolgreich und in verschiedener Hinsicht auch grossartig war. Ohne Zweifel hat der Herr das bewirkt, aber er stützte sich auf die aufrichtige Verfügbarkeit der Brüder, die ohne Angst aufgebrochen sind, und auf ihre Grosszügigkeit, mit der sie alles hinter sich gelassen haben. Und zudem, in unserem Innersten kann uns im Blick auf sie ein gewisser Neid packen; wir können nur noch staunen, wie unsere Brüder es verstanden haben, sich hineinzugeben, sich einzusetzen als Zeugen des Evangeliums, wobei sie sich oft aufgeopfert, in vielen Fällen ihr Opfer mit dem Märtyrertod gekrönt haben.

Und heute?
Wir müssen es in positivem Sinn zur Kenntnis nehmen, dass es bereits eine signifikante Bewegung von Brüdern gibt, vor allem von Brüdern aus den indischen Provinzen, die den „alten“ Provinzen der westlichen Welt zu Hilfe kommen. Ohne diese Hilfe würden sich unsere Präsenzen zu stark verringern und die Lebendigkeit und Signifikanz unseres Charismas bekämen es zu spüren. Auch würde unsere Fähigkeit, uns auf die Dringlichkeit der neuen Evangelisation einlassen zu können, geschmälert und zwar genau dort, „wo das Leben ganzer Gruppen nicht mehr vom Evangelium geprägt ist und viele Getaufte teilweise oder vollständig den Sinn für den Glauben verloren haben“ (Satzungen der Kapuziner).

Hoffen wir weiterhin, dass die aufmerksame Begleitung dieses neuen Dynamismus, der um sich greift, uns dahin führt, dass er in einer Art und Weise, wie es unseren Zeiten, die auf uns zukommen, angepasst ist, unsere Verfügbarkeit zum Ausdruck bringt, ohne Vorbehalt dorthin zu gehen, wo die Notwendigkeiten des Volkes Gottes nach unserer Antwort rufen. Das wird dazu beitragen, den Enthusiasmus des Ordens für das Reich neu aufleben lassen und die Lebendigkeit neu erwacht, die uns in Lauf der Jahrhunderte immer wieder ausgezeichnet hat.