Mit uns, mit unseren Nächsten, mit Gott.

Am 4. Oktober feiern wir Franziskus‘ Todestag. Feiern – Fest – Tod – wie kommen wir dazu, das Sterben eines Menschen zu feiern? In den Augen der Menschen zu Franziskus‘ Zeit, war er einer, der es geschafft hat. Jene Menschen waren überzeugt, dass Franziskus nach seinem Tod in den Himmel kommt und dort das ewige Leben hat. Dass er gestorben ist, hat nicht bedeutet, dass er für immer gegangen ist, sondern, dass er angekommen ist bei Gott, wo ein ewiges Festmahl auf uns alle wartet. Und das ist ein Grund, sich zu freuen: für Franziskus, dass ihm das vergönnt ist, und für uns, die wir glauben und hoffen dürfen, dass an diesem Tisch auch für uns ein Platz frei ist.

Franziskus blickt Richtung Portiuncula © Niklaus Kuster, 2019

Allerdings: wer da Platz nehmen will, der muss sich zu benehmen wissen. Es geht aber nicht um Tischmanieren, sondern darum, als was für ein Mensch ich mich zu Lebzeiten erweisen soll. Der christliche Glaube gibt dafür in den biblischen Erzählungen eine Orientierungshilfe. Drei Dinge sollen wir beherzigen: Gottesliebe, Nächstenliebe und Selbstliebe. Erst in diesem Dreiklang gelingt Leben wirklich. Wenn ich mich selbst in guter Weise spüre, bei mir bin, kann ich dem andern den Raum geben, den er braucht. Und wenn ich meinen Nächsten erkenne und mich ihm als Du erweise, befruchtet das auch meine Gottesbeziehung tiefgreifend.

Franziskus hat diesen Dreiklang in seinem Leben gut gekannt.
Allerdings hat er erst entdecken müssen, was Begegnung wahrhaftig liebend sein lässt. Sich selbst durch eine schwere Lebenskrise abhandengekommen, musste er sich neu finden. Mit neuem Blick auf sich und für die Welt, begegnet er seinen Nächsten auf andere Weise, mit wieder erwachtem Herz, wie er selbst sagt. Und erst da offenbart sich ihm Gott ganz nah, auf Augenhöhe und mit offenen Armen, offenen Ohren und einem offenen Herzen. Das ändert für Franziskus alles.

Wenn wir Franziskus‘ Todestag feiern, dann feiern wir auch, dass er einer war, der uns voraus ging und uns einen Weg zeigte, wie wir wahrhaft liebend in Beziehung sein können. Mit uns, mit unseren Nächsten, mit Gott.


Nadia Rudolf von Rohr

Nadia Rudolf von Rohr (1975) studierte Germanistik, Philosophie und Psychologie. Die Co-Leiterin der Franziskanischen Gemeinschaft der Deutsch-Schweiz ist in der spirituellen und biblischen Bildungsarbeit tätig, begleitet franziskanische Reisen und ist Geistliche Begleiterin.