Nur mit Waffen Frieden schaffen?

Kerzen in der Kirche | © Beat Pfammatter 2019

«Manchmal ist Gewalt zwingend»: Dieser Titel steht in der deutschen Wochenzeitung ZEIT über einem Interview mit dem evangelischen Militärbischof Sigurd Rink. Dieser gesteht, er sei als Theologiestudent «Radikalpazifist» gewesen. Inzwischen sieht er den Einsatz militärischer Gewalt in vielen Fällen durchaus berechtigt, sonst wäre er ja nicht zu seinem hohen Amt gekommen.

Der Bischof sieht zwar in der «Jesus-Option» der Gewaltfreiheit (nicht zurückschlagen, sondern die andere Wange hinhalten!) durchaus «einen politischen Sinn». Aber damit hat es sich’s schon. Kein Wort über die Methoden der gewaltfreien, «sozialen Verteidigung». Gerade als Deutscher müsste der Mann sich daran erinnern, dass nicht die hunderte Milliarden schwere westliche Rüstung dem östlichen Teil seines Landes, ja ganz Osteuropa die Befreiung von der Diktatur gebracht hat; sondern die friedlichen Proteste: nicht mit Waffen, sondern mit Kerzen in der Hand …

Kerze für den Frieden | © Beat Pfammatter 2019
Kerze für den Frieden | © Beat Pfammatter 2019

Der Militärbischof beklagt auch nicht, dass immer noch Milliarden für Waffen ausgegeben werden, während für Friedensforschung nur Brosamen abfallen. Dies ist nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz der Fall.

Szenenwechsel: Vor einigen Monaten verteidigte im «Wort zum Sonntag» des Schweizer Fernsehens ein Feldprediger – in Uniform! –  die militärische Option. Ist sein gutes Recht! Warum hat er aber nicht auch auf gewaltfreie Alternativen im Sinne der Bergpredigt hingewiesen?

Noch was hätte ich von ihm erwartet: den Hinweis, dass die Rüstung Ressourcen auffrisst, die für Zwecke wie Armutsbekämpfung dringend gebraucht werden. Man erinnert sich vielleicht noch an das Wort, das Dorothee Sölle seligen Angedenkens angesichts des Westrüstens der 1980er-Jahre oft und oft gesagt hat: «The bombs are falling now.» Im Klartext: Bomben zerstören Leben, auch wenn sie nicht abgeworfen werden. Das Geld, das für sie ausgegeben wird, könnte millionenfach (vor allem im globalen Süden) Leben retten.

PS: Ich behaupte, meine Argumentation sei nicht so sehr von der GSoa/Gruppe für eine Schweiz ohne Armee beeinflusst, sondern vielmehr von der franziskanischen Spiritualität; und von der Bewegung Gerechtigkeit, Friede, Bewahrung der Schöpfung/GFS, die vor genau 30 Jahren ihn Basel ihren Höhepunkt erreichte ….


Walter Ludin

Walter Ludin, Kapuziner in Luzern. Redaktor des franziskanischen Jahrbuchs „Franziskuskalender“. Von 1992 bis 2018 Redaktor der Eine-Welt-Zeitschrift ite. Freier Journalist. Kirchenblogger seit 2005.