Walbert Bühlmann schrieb über den Grund für die Mission

Am 6. August wäre der bekannte Missiologe 100 Jahre alt geworden.

Warum Kapuziner-Mission?

(Er wäre am 6. August, dem Fest der Verklärung Jesu, 100 Jahre alt geworden: Der Kapuziner Walbert Bühlmann, weltbekannter Missiologe. Vor etlichen Jahren hat er kurz und knapp die Frage beantwortet, welches die Begründung für Mission ist.)

Die Antwort ist kurz: Weil Jesus die Jünger in alle Welt gesandt hat, um das Evangelium zu verkünden. Franz von Assisi aber wollte nichts anderes als nach der Weisung des Evangeliums zu leben. Im Mittelalter, als das Abendland christlich geworden war und der Islam den Zugang zu den anderen Kontinenten gesperrt hatte, war der Missionsgedanke erloschen. Franziskus aber hatte keine Ruhe, bis er mit einem Kreuzfahrerschiff nach Ägypten gelangte und den Sultan in der belagerten Stadt besuchte, als einziger Christ, der ihm nicht als Feind, sondern als Bruder begegnete. Er hat auch als erster Ordensgründer in seiner Regel ein Kapitel angefügt über «die Brüder, die aus göttlicher Eingebung unter die Sarazenen (Muslime) gehen wollen».

Demgemäss war die Geschichte der Franziskaner/Kapuziner immer auch Missionsgeschichte. Gegenwärtig sind die Kapuziner in den Ländern des Südens vorwiegend nicht mehr fremde Missionare, sondern einheimische Brüder.

Heute freilich stellt sich die Frage erneut: Warum Mission? In der Vergangenheit war das Hauptmotiv der «Durst nach Seelen». Man meinte, die «Heiden» könnten nicht gerettet werden ohne Taufe. Inzwischen ist man zur Einsicht gekommen, dass auch jene Menschen – sie machen immer noch zwei Drittel der Menschheit aus! – bereits auf dem Weg zu Gott sind, und darum besser «Glaubende anderer Religionen» genannt werden. Also: Warum Mission?

Man redet besser nicht mehr von Missionierung, was Konfrontation bedeutet: «Lasst euch taufen, sonst wehe!», sondern von Evangelisierung: Die frohe Botschaft von der zuvorkommenden, allumfassenden, unbedingten Liebe Gottes auf alle Weisen an allen Orten verkünden, diese Liebe auch erfahrbar machen, indem man mit allen Menschen guten Willens Hand anlegt, damit alle Menschen auch menschen- und gotteswürdig leben können. Wenn dann Einzelne auf Grund dieses Lebenszeugnisses sich den Christen anschliessen möchten, wird man sie gerne aufnehmen, damit die Kirchen auch in Zukunft ihre wohltuende Mission ausführen können.

Franz von Assisi hat schon damals eine ganz heutig klingende Weisung gegeben: Die Brüder können auf zweifache Weise unter den Sarazenen leben, einfach als gute Menschen unter ihnen sein und sich als Christen bekennen, und (erst) wenn sie erkennen, dass es Gott gefällt, (wenn man aus den Zeichen der Zeit merkt, dass es Sinn macht), dann offen Christus verkünden, damit jene Menschen getauft werden.

Franziskanische Mission will das Bewusstsein der universalen Geschwisterlichkeit, der einen Menschheit Gottes, stärken, was heute auch politisch und wirtschaftlich so wichtig ist.

Walbert Bühlmann