Wenn aus dem Süden Missionare nach Europa kommen

Alernativtext

Missionarisches Treffen europäischer Kapuziner (St-Maurice, 28. April bis 2. Mai 2014)

Die Teilnehmenden

Die Verbundenheit mit der Weltkirche ist ein wesentliches Element des franziskanischen Ordenslebens. Dies betonten in St-Maurice die 20 Kapuziner, die im nördlichen Westeuropa eine besondere Verantwortung für die missionarische Arbeit ihrer Gemeinschaften tragen. Das Treffen von deutsch-, französisch- und englischsprachigen Brüdern wurde erstmals durchgeführt (28. April – 2. Mai 2014).

Im Tagungsraum
Im Tagungsraum

„Wenn wir keine Mitbrüder als Missionare in den Ländern des Südens mehr haben, beginnt eine neue Etappe der Mission. Denn die weltweite Verantwortung ist eine wesentliche Komponente unseres Ordens.“ Dies betonte Linus Fäh, der Missionssekretär der Schweizer Kapuziner in seinem Referat.

„Wunderbare Arbeit“

Vor dem Klostereingang
Vor dem Klostereingang

Voller Bewunderung über die Missionare waren der äthiopische und der honduranische Bruder, die am Generalat in Rom die Verantwortung für die „weltweite Solidarität“ des Ordens tragen. Sie hätten ihre Familien und ihre Freunde verlassen, um in Gegenden zu gehen, in denen sie eine ganz andere Kultur, andere Sprachen, Essgewohnheiten und Bräuche antrafen.Inzwischen seien in den Ländern des Südens Gemeinschaften mit einheimischen Brüdern entstanden. Sie würden sich durch eine besondere Jugendlichkeit auszeichnen: „Das Durchschnittsalter der Kapuziner beträgt vielerorts 40 oder noch weniger Jahre.“

Die Zahl der Neueintritte in den Orden sei allerdings in manchen Gegenden des globalen Südens am Abnehmen begriffen. Dies gelte auch für Polen, wo nach einem Run auf das Ordensleben die Eintrittszahlen ebenfalls am Sinken seien.

„Missionarischer Gegenverkehr“

Nachdem im 19. und 20. Jahrhundert Tausende von Missionaren in den Süden gezogen sind, herrscht heute ein „missionarischer Gegenverkehr“. Bereits kamen zahlreiche Ordensleute aus Afrika und vor allem auch aus Indien nach Europa, um hier als Seelsorger zu arbeiten. Die Kapuziner haben in den letzten zehn Jahren diese „personelle Solidarität“ stark ausgebaut.

In St-Maurice kamen nicht nur die Chancen dieses Vorgangs zum Ausdruck („Frischzellen-Therapie für die alten Kirchen“). Auch die Probleme wurden angesprochen, so der Kulturschock, den viele Brüder erleiden. So hiess es etwa: „Die Schweiz und Indien sind sehr unterschiedliche Welten.“ Manche Missionare aus der Dritten Welt leiden beispielsweise darunter, dass in Europa Priester keine unangefochtenen Autoritätspersonen sind.

Kampf gegen Rassismus

Bislang hatten sich bloss die Missionsverantwortlichen des deutschen Sprachraums jährlich zu einer Studienwoche getroffen. Dieses Jahr wurde das Treffen auf die Provinzen von „Nord-West-Europa“ ausgedehnt. Dazu gehören jene von Frankreich, Belgien, Irland und – aus sprachlichen Gründen – auch Malta.

Der maltesische Teilnehmer sprach in seinem Bericht von den enormen Herausforderungen, die auf die Insel durch die zahlreichen afrikanischen Flüchtlingsströme zukommen. Die Kapuziner seien in ihrer Betreuung stark engagiert. Ebenso kämpften sie gegen den wachsenden Rassismus. Dies sei auch eine Aufgabe für die andern Provinzen, wurde in St-Maurice betont.

Schweizer Beiträge

Die Schweizer Teilnehmer stellten in ihren Erfahrungsberichten vor allem ihre missionarischen Printmedien vor: neben der Zeitschrift ite den Missions-Wandkalender. Dieser erschien erstmals vor 80 Jahren. Es gibt auch eine französische und seit einigen Jahren auch eine italienische Ausgabe. Die deutsche Version wird auch von den dortigen Kapuzinern und von einer Schwesterngemeinschaft übernommen.

Auch wenn die Spenden für die Missionen in der Schweiz wie in andern Ländern stark zurückgehen, kann die Provinz immer noch rund anderthalb Millionen Franken für die „finanzielle Solidarität“ im Orden aufbringen.

Walter Ludin