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Franziskusfest

Vom 3. bis zum 5. Oktober 2025 waren in den Kapuzinerklöstern grosse Festlichkeiten. Am Transitus gedenkt man des Sterbens und Wandelns (Transitus) von Franz von Assisi. Am 4. Oktober, dieses Jahr ein Samstag, feiert man den Ordensgründer - braune und schwarze Franziskaner (Minoriten) sowie die Kapuziner berufen sich direkt auf den Heiligen aus Umbrien.

Am Sonntag wurde in einem feierlich gestalteten Gottesdienst und einem frohen Zusammensein bei Salat und Risotto des Heiligen gedacht. Die Bilder stammen vom 5. Oktober im Kloster Wesemlin in Luzern. Dabei wurde der neue Mitbruder Hans Portmann begrüsst und dem begnadeten Koch Moorthy Tharmalingam gedankt. Nicht zu unterschätzen sind die Rühr-Fähigkeiten des Kloster-Seniors Adolf Schmitter. Die gehaltvolle Fest-Predigt von Thomas Lang nachfolgend:

 

Liebe Schwestern

Liebe Brüder

Wenn ich das Wort Franziskus höre, dann kommen mir in erster Linie viele persönliche Erinnerungen von Assisi in den Sinn. Vor 30 Jahren, ich war damals ungefähr 20jährig, waren wir eine Woche dort, ich glaube dies war meine erste Assisi-Reise. Wir haben zu viert eine Reise für fast 30 Jugendliche organisiert.

Ein Highlight des Programms war die Wanderung auf den Monte Subasio, einen Berg südöstlich von Assisi. Er ist zwar nur knapp 1300 Meter hoch, aber es sind dennoch fast 900 Höhenmeter bis man oben ist. Wir wanderten also am Abend los und übernachteten mit den Schlafsäcken draussen unter freiem Sternenhimmel um dann frühmorgens gemeinsam Gottesdienst zu feiern, pünktlich zum Sonnenaufgang.

Dazu muss man jedoch noch wissen, dass wir einige Tage vorher – bevor die grosse Gruppe anreiste – schon zu viert in Assisi waren und gewisse Programmpunkte rekognoszierten. Damals – bei dieser Reko – gingen wir ebenfalls auf den Subasio und als wir draussen übernachteten rumpelte es mitten in der Nacht, der Boden bebte, wir erwachten und wussten nicht was los war. Bis wir realisierten, dass gerade eine Wildschweinrotte an uns vorbeirannte. Das hat uns dann doch erschreckt.

Nun, waren wir also einige Tage später mit der ganzen Gruppe dort und wir wollten unsere Angst nicht zeigen, doch wahrscheinlich haben wir haben uns trotzdem ein wenig auffällig verhalten, weil wir alle vier beim Übernachten dieser grossen Gruppe in der Mitte und nicht am Rand liegen wollten. Das haben die anderen natürlich sehr wohl bemerkt und uns entsprechend befragt. Dieses Erlebnis zeigte mir und uns damals, dass wir die Natur verstehen müssen. Franziskus hat den Zugang zur Natur und zu den Tieren gefunden. Er sprach mit ihnen, es waren für ihn Brüder und Schwestern. Wäre es für uns die Schwester oder Bruder Wildschwein gewesen, dann hätten wir vielleicht nicht dieselbe Angst gezeigt.

Assisi liegt in der wunderschönen Landschaft Umbriens, zur Zeit von Franziskus wohl noch stärker bewaldet, wie heute. In dieser Gegend verstand es Franziskus die Einheit mit der Natur zu suchen und zu leben. Franziskus fand in dieser schönen Gegend seinen überzeugenden Zugang zur Natur. Seine Lebenshaltung und der Sonnengesang zeugen davon. Der Sonnengesang beschreibt das Lob und den Dank auf die Schöpfung, wir haben ihn als Lesung gehört. Uns als Jugendliche inspirierte dies damals stark, so dass wir sogar beim Zerklatschen einer Mücke den Refrain eines Franziskusliedes angesungen haben, einfach um zu zeigen, dass wir realisiert haben, dass auch diese nervige Mücke eigentlich ein Geschöpf Gottes sei. Doch wir hatten nicht die Grösse von Franziskus um sie als Bruder oder Schwester zu sehen.

Die Begriffe Bruder und Schwester, welche Franziskus im Sonnengesang verwendet sind gut gewählt. Zu einer Schwester, einem Bruder hat man eine viel grössere Nähe. Es drückt noch einmal stärker aus, dass man miteinander verbunden ist, wie mit Bruder Sonne, Schwester Mond, Bruder Wind, Schwester Wasser, Bruder Feuer oder Schwester Mutter Erde. Auch im Kloster nennt man sich Schwestern und Brüder und zeigt damit die besondere Verbundenheit, die in einer solchen Gemeinschaft existiert, die nicht selbst gewählt ist, ähnlich einer Familie.

Und sie wissen es: Bei der Schlacht von Solferino hat der junge Genfer Kaufmann Henry Dunant gemäss seinen Erinnerungen an Solferino «tutti fratelli» gerufen, «alle Brüder», er hat gemeint: alle sind Brüder, Feind wie Freund und damit betont, dass man sich um die Verletzten kümmern muss, ganz gleichgültig von welcher Seite er ist. Mit dieser seiner Grundhaltung gelangte er danach an den Bundesrat, der dann zu einer internationalen Konferenz einlud und an der die erste Genfer Konvention unterzeichnet wurde. An dieser Konferenz wurde das rote Kreuz als internationales Schutzzeichen festgelegt. 

Oder nochmals anders gesagt: Wenn jemand – wie das gerade die letzten Wochen der Präsident von Amerika tat – von Feinden spricht und Gegnern die man hassen soll, dann wird genau das Gegenteil von dem erreicht, was christliche Überzeugung meint. Dann reagiert eine Kultur des Misstrauens, der Angst und der Gewalt. Wenn ich von Bruder und Schwester spreche, dann durchbreche ich bereits diesen Gedankengang. Dann bin ich bemüht für sie zu sorgen, mich um sie zu kümmern, weil es eine Schwester, ein Bruder ist.

Franziskus tat dies auch gegenüber der Natur. Etwas, das wir uns alle zu Herzen nehmen sollten, damit wir im Umgang mit der Natur, mit unserer Schöpfung rücksichtsvoller werden. Das ist wohl gerade in der heutigen Zeit wichtig, in der wir die Auswirkungen spüren, die Auswirkungen einer Natur die durch menschengemachte resp. durch Menschen beschleunigte Phänomene aus dem Gleichgewicht gerät. Zeichen dafür gibt es viele. Vielleicht hilft uns hier Franziskus sensibler zu werden mit unserer Schwester «Mutter Erde». 

Franziskus stellte aber auch die Menschen in seinen Fokus und er hat mit seiner Aktion, ziemlich zu Beginn seiner Tätigkeit, die Armen in den Mittelpunkt gestellt, indem er auf seinen Reichtum verzichtete und seinem Vater die teuren Kleider hinwarf. Dieser Weg der Nachfolge Jesu sei, so haben wir vielleicht manchmal den Eindruck, dieser Weg sei streng und schwierig. Vielleicht haben wir besonders dann diesen Eindruck, wenn wir uns Vorbilder wie Franziskus vor Augen halten, er der diese Nachfolge radikal lebte. Doch – so das heutige Evangelium – bei Jesus finden wir Ruhe, die Fülle des Lebens. Das hat wahrscheinlich damit zu tun, dass wir – je radikaler und zielstrebiger wir diese Nachfolge leben – freier werden. Es hängt nicht mehr gleich viel an uns, das uns auch zur Last werden kann. Franziskus hat dies sehr schön gezeigt.

Leben wir diesem Ideal nach, vielleicht nicht so radikal wie Franziskus dies tat, aber immer in kleinen Schritten. Ein erster könnte sein, in den Menschen um uns herum Schwestern und Brüder zu sehen und auch in der Schöpfung die Geschwister zu erkennen. Amen.