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Werden – Wählen – Vergehen

Am 11. Oktober 2025 fand im Kloster Wesemlin, Luzern, die Buchvernissage „Jeder Baum zählt“ von Rudolf Karlen (Texte) und Markus Reichenbach (Fotographien) statt. Zu Beginn führte der Kapuziner Bruder Paul Mathis durch den wunderbaren Klostergarten und erzählte vom Werden, Wählen und Vergehen der Bäume.

Bei der ersten Station „Apfelbaumpergola“ erzählt Bruder Paul, u.a. gelernter Bamschulist, vom Domestizierungsprozess der Äpfel wie auch der unterschiedlichen Apfelbaumsorten in der Pergola. Dabei lässt er kränkelnde Bäume sterben. Er entfernt sie nicht sofort. Er begründet dieses Vorgehen mit seinem franziskanischen Hintergrund: Franz von Assisi hat in seinem Sonnengegesang nicht nur die ganze Schöpfung in einer geschwisterlichen Beziehung gesehen. Auch der Sterbeprozess mit dem Tod hiess er als "Bruder" willkommen. Deshalb sollen kränkelde, absterbende Bäume nicht sofort zur Seite geschafft werden. Paul verweist auf einen Prosatext von Rudolf Karlen, in dem er diesen Prozess als "langausklingendes Requiem" bezeichnet.
Tröstlich ist aber, dass in den vergangenen Jahren viele Baumlücken durch Jungbäume mit alten Apfelsorten gefüllt wurden.

Bei der zweiten Station „Eiche“ zeigt er den Interessierten einen etwa sechsjährigen Eichensämling. Dieser ist vermutlich ein Abkömmling von der grossen Eiche, die in wunderbaren Herbstfarben mächtig vor der Klosterkirche steht. Dieser Sämling hat Paul an einem Pfahl aufgebunden und schütz ihn besonders. Es ist ein Zukunftsbaum, der mit dem Klimawandel eher zurechtkommen wird. Es kann sein, dass dieser Jungwuchs in vielen Jahren zu einer ebenso mächtigen Eiche heranwächst, wie jene vor der Klosterkirche. Die anderen grossen Bäume der Umgebung, werden bis dann ihren Zenit überschritten haben.

Bei der dritten Station betrachten die Besucher und Besucherinnen einen dichten, vielfältigen Jungwuchsbestand. (Eichen, Linden, Spitz- und Bergahorn, Wallnuss, Esche, usw.)  Viele Jungbäume müssen zugunsten von drei, vier Bäumen weichen. Bruder Paul erklärt den Menschen, seine Gründe, warum er zu welcher Baumart tendiert. Es müssen zukunftsfähige Bäume sein, die trockenheits- und hitzetolerant sind und im Klimawandel bestehen können. Es gibt aber auch ökologische und ästhetische Gründe. Einige Bäume bieten Lebensraum und Nahrungsgrundlage für besonders viele Tiere, andere weniger. Bei dieser Vielfalt von Kriterien bleibt die Qual der Wahl.    

An der vierten Station liegt ein vor drei Jahren gefallener Nussbaum. Auch dieser wird nicht abgeräumt. Er gibt in seinem Enden Lebensraum für Pilze und Kleintiere. Interessanterweise liess der gefallene Baum – da noch lebendig – noch ein Jahr später Nüsse wachsen, die zu Ratafia, einem Nusslikör verarbeitet wurden.

Nach der Gartenführung erzählten Rudolf Karlen und Markus Reichenbach vom Entstehen ihres Buches und lasen Texte und zeigten Fotografien aus ihrem neuen Buch. Vgl. https://textnachmass.ch/editionkarlen.html