Chur unter der Käseglocke

Bischof Vitus Huonder reichte aus Altersgründen 2017 seinen Rücktritt als Bischof von Chur ein. Papst Franziskus hat daraufhin seine Amtszeit für zwei Jahre verlängert. Keine Begründung weshalb. Am 21. April 2019 feierte Bischof Vitus seinen 77. Geburtstag. Der erwartete Entscheid, wie es im Bistum Chur weitergehen soll, blieb bis jetzt aus. Der Mediensprecher des Bischofs beschied dem erstaunten Volk, dass Bischof Vitus Huonder weiter im Amt bleibe. Keine Begründung weshalb und wie lange. In der Presse wird eifrig spekuliert. Br. Willi Anderau, Kapuziner in Zürich, hat sich dazu seine Gedanken gemacht.

Chur unter der Käseglocke

Was kümmert es den Käse schon, worüber die Menschen um den Tisch sprechen? Er ist durch die Glasglocke sauber abgeschirmt und hört nichts. So kommt mir die bischöfliche Kurie in Chur vor.

Einmal mehr, muss man leider sagen. Es ist beschämend wie verantwortliche Männer in der Kirche mit Menschen umspringen, als könnten sie darüber nach belieben verfügen.

Vatikan | © Bruno Fäh

Ein Konzil hat diese Menschen einst als Volk Gottes bezeichnet. Inzwischen wurden sie wieder zu einer Herde degradiert, über die Hirten schalten und walten können, wie sie wollen, ohne zu informieren, geschweige denn irgendetwas begründen zu müssen. Sitzen die verantwortlichen Männer allein in Chur, oder ist es der Nuntius oder ist es «Rom»? Vermutlich alle drei. Es darf spekuliert werden, den Käse braucht es nicht zu kümmern.

Und das ist das wirklich Schlimme: Nicht wer gewählt wird, sondern wie «gewählt», oder sagen wir besser, wie bestimmt wird.


Willi Anderau

Willi Anderau, geb. 1943. Mitglied des Kapuzinerordens seit 1965. Ausbildung in Theologie und Journalistik an der Universität Fribourg. Lebt im Kapuzinerkloster Wesemlin, Luzern. Er war während 17 Jahren bischöflich Beauftragter für Radio und Fernsehen in der Deutschschweiz. Engagiert sich in der Seelsorge und in kirchenpolitischen Themen.