Miteinander über den Glauben sprechen

Der Dialog der Christen mit Muslimen und Anhängern anderer Religionen: Auch dies ist ein Weg der Integration von Fremden. Wichtig ist, dass die daran Beteiligten nach Möglichkeit einander auch im Alltag beistehen.

Der deutsche Franziskaner und Islamwissenschaftler Jürgen Neitzert engagiert sich schon seit 1983 im christlich-islamischen Dialog auf lokaler, aber auch auf internationaler Ebene. Ausgangspunkt war 1982 eine Konferenz des weltweiten Franziskanerordens anlässlich des 800-jährigen Jubiläums der Geburt des heiligen Franziskus.

Von dort ging ein Brief an alle Franziskaner mit der Bitte, in der Tradition des Franziskus den Dialog mit den Muslimen zu intensivieren, und zwar auch in westlichen Ländern, in denen immer mehr Muslime beispielsweise als Arbeitsmigranten leben.

Friedensgebet
In Deutschland wurde dieser Impuls besonders von der Arbeitsgemeinschaft »Gerechtigkeit und Frieden« der damaligen Kölner Franziskanerprovinz aufgegriffen. Schon 1983 begann die Gruppe mit ersten interreligiösen Begegnungstreffen im Rheinland, woraus seit 1987 – auch motiviert durch das von Papst Johannes Paul II. ausgehende Gebet der Religionen in Assisi – ein jährliches öffentliches interreligiöses Friedensgebet entstand.

Zunächst luden die Franziskaner andere Religionsgemeinschaften in verschiedene deutsche Städte ein. Außer der evangelischen und der katholischen Kirche nahmen daran u. a. teil: Sufi-Gemeinschaften, bosnische und türkische Moscheegemeinden, gelegentlich auch die jüdische Gemeinde, Aleviten, Jesiden, Bahais und die katholische Friedensbewegung Pax Christi.

Unterstützung im Alltag
Über viele Jahre hinweg war dieses regelmäßige Friedensgebet ein Vorbild für ähnliche multireligiöse Gebete in ganz Deutschland. »So gesehen haben wir als eine kleine Gruppe von Franziskanern einen bedeutsamen Impuls für den interreligiösen, speziell christlich-muslimischen Dialog gegeben«, freut sich Bruder Jürgen.

Wesentlich für die große Wertschätzung, die Franziskaner bei Muslimen der verschiedensten Richtungen, aber auch bei Jesiden und Bahais im Rheinland genießen, ist sicher auch die ganz praktische Unterstützung im Alltag, die sie erfahren. So leitete Bruder Jürgen mit Unterstützung muslimischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über 25 Jahre einen Jugendtreff mit Hausaufgabenhilfe und Jugendgruppen in einem Kölner Stadtteil. Hauptsächlich muslimische, vor allem türkeistämmige Jugendliche kamen dorthin.

Mit ihnen organisierte Bruder Jürgen zahlreiche Fahrten nach Berlin, Istanbul, Assisi oder Rom. Er initiierte immer wieder Hilfs- und Begegnungsprojekte: so für bosnische Muslime während des Bosnienkrieges in den Neunzigerjahren, für Kurden in der Osttürkei, aber auch für Roma-Jugendliche und Jesiden oder unbegleitete muslimische Flüchtlinge in Köln.

Gegenseitiges Vertrauen
Ein Fazit von Bruder Jürgen für den politischen und theologischen Dialog: »Mir ist wichtig geworden, dass wir zu Beginn nur Informationen voneinander erfragen und uns darüber austauschen. Kontroverse Diskussionen gleich zu Beginn sprengen oder vergiften jeden Dialog. Gegenseitiges Vertrauen ist eine wichtige Grundlage des echten Dialogs. Das braucht Zeit und viele Begegnungen.«

Thomas Meinhardt


PS.: Dieser Beitrag entstand im Rahmen der «Artikelbörse Integration» der Nord-West-Europäischen Kapuziner/CENOC.