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Leise Töne

In gefüllter Stille versammelten sich die Menschen am Karfreitag in der Klosterkirche Wesemlin. Schon beim Hineingehen spürten die Anwesenden eine besondere Stimmung, die sie sofort umhüllte: Sanft flackernde Kerzen in Glasgefässen und eine Stille, die wie ein schützender Mantel über den Anwesenden lag – eine Stille, die an den Ölberg erinnerte, wo Jesus betete, während die Welt im Schlummer versank.

Die Liturgie entfaltete sich unter der Führung von Bruder Josef Regli und Monika Schmid als ein bewegendes Geflecht aus Wort, Musik und Momenten der Besinnung. Die in acht Abschnitte gegliederte Markuspassion trugen Monika und Bruder Josef mit bemerkenswerter Präsenz vor. Ihre Stimme, die zwischen zarter Behutsamkeit und kraftvoller Intensität wechselten, führte die Gemeinde durch die letzten Stunden Jesu – als wäre jeder Einzelne selbst Zeuge des Geschehens.

Musikalisch bereicherten Voichita Nica an der Orgel und Sibylle Tschopp an der Violine die Feier. Gerade das Geigenspiel, das am Karfreitag traditionell eine besondere Bedeutung trägt, verstärkte die ergreifende Stimmung. Die harmonische Verbindung von Violine und E-Piano ergänzte den meditativen Charakter dieses Tages – mal sanft wie ein geflüstertes Gebet, mal aufwühlend wie der Schmerzensruf am Kreuz.

Ein berührender Höhepunkt der Zeremonie war die parallele Lesung der Passionsgeschichte: Während eine Stimme das Leiden Christi verkündete, sprach die andere vom Leid unserer Gegenwart – vom Krieg in der Ukraine, der Gewalt in Gaza, dem Elend der Flüchtlinge und zerbrochenen Existenzen. Diese Gegenüberstellung verdeutlichte eindrücklich: Das Kreuz ist nicht nur ein Symbol vergangener Zeiten, sondern ragt mitten in unsere heutige Welt hinein.

Als die Lieder "Korn, das in die Erde" und "Be still, my soul" erklangen, entstand ein Moment tiefer Verbundenheit. Die Violine begann allein, das Keyboard setzte behutsam ein, und schliesslich vereinten sich die Stimmen der Gemeinde – bis die letzten Töne verklangen und die nachfolgende Stille selbst zum Gebet wurde.

In ihrer Predigt verband Monika Schmid die Geschichte der salbenden Frau in Bethanien mit dem Schicksal leidender Menschen heute – jüdischer Frauen im Hamas-Terror, eines weinenden Jungen in Gaza, einer ukrainischen Mutter auf der Flucht. "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" – dieser Schrei Jesu durchdringe alle Erfahrungen menschlicher Verlassenheit. Mit den Worten "Heute sind alle Fassaden eingerissen. Schönreden geht nicht mehr. Aber vielleicht ist genau hier, in der Tiefe des Leids, die Tür zur Auferstehung" liess sie die bedeutsame Frage im Raum stehen: "Hat der Tod wirklich das letzte Wort?"

Nach der Passion wurden die Anwesenden eingeladen, zum Kreuz zu treten – nicht um das Holz selbst zu verehren, sondern denjenigen, der daran hing. In dieser symbolischen Handlung brachten die Gläubigen brennende Kerzen zum Kreuz und stellten sie davor. Es war ein Augenblick, der unter die Haut ging. Während wir unsere Kerzen niederstellten, wurden die Gedanken leise: An Menschen, die uns nahestehen und gerade durch schwere Zeiten gehen; an die Welt, die so dringend Licht braucht; an das eigene Leben, das manchmal nach Trost sucht. In dieser Stille wurde das Kerzentragen zum Gebet – ohne Worte, aber mit einer Tiefe, die nur das Herz versteht. So entstand inmitten der Karfreitagsdunkelheit ein leuchtendes Bild der Hoffnung.

In den anschliessenden Fürbitten wurden die Nöte unserer Zeit vor Christus getragen: für Menschen in Kriegsgebieten, für Flüchtlinge und Hungernde, für Familien unter Druck, für eine Kirche in der Krise, für Kranke, Einsame und Sterbende. Der wiederkehrende Ruf "Glühe in der Nächstenliebe" unterstrich die tiefe Sehnsucht nach göttlicher Gegenwart im menschlichen Leid.

Mit der Lesung der Grablegung Jesu endete die Liturgie. Die Gemeinde verliess die Kirche in Stille – doch nicht ohne den Ausblick auf das kommende Licht: Am Ostersonntag um 05.30 Uhr beginnt die Auferstehungsfeier im Gartenpavillon um das Osterfeuer. Das Erwachen des Ostermorgens wird im Kapuzinerkloster Luzern in besonderem Rahmen erfahrbar sein. Verschiedene Besinnungsstationen führen durch den Garten in die Kirche, wo gemeinsam die Eucharistie gefeiert wird. Im Anschluss sind alle zum Oster-Zmorgä im Refektorium willkommen.

Weiter zur Homepage vom Kapuzinerkloster Wesemlin in Luzern.

Leise Töne